Studien– und Assistentenzeit in Wien 1825 – 1833

Sofort nach Beendigung dieser Lehrzeit in Steyr, vom Januar 1825 bis 1. September, war F. Redtenbacher bei der k.k. Baudirektion in Linz, wie sein vom Baudirektor Mayer dato 9. September 1925 ausgestelltes Zeugnis ausweist, „im Zeichnen jeder Art Baupläne und zur Aushilfe bei geometrischen Aufnahmen verwendet“.
September 1825: In Wien wohnte Ferdinand bei seinem Vetter Josef Redtenbacher zusammen bei einer älteren achtungswerthen Dame, Frau v. Bourgois, auf der Wieden, unweit der Carlskirche.
Bei seinem Onkel Ignaz Redtenbacher, einem Großhändler in Colonialwaren, Firma Redtenbacher – Hipper, pflegte Ferdinand mit seinem Vetter Franz Mittags zu verweilen. Die Studien in Wien nahm Ferdinand sehr ernst, wie man an seinen Diplomen ablesen kann.
Professor Karmasch: „Redtenbacher bestand damals in Wien die Einrichtung sogenannter Tentamina, öffentlicher feierlicher Prüfungen am Schluss des Schuljahres, wozu die Professoren die Elite ihrer Schüler, stets in sehr kleiner Anzahl, stellten. Schon nach dem ersten Jahr bestand Redtenbacher das Tentamen aus der reinen Elementarmathematik, woran außer ihm nur 3 Andere Theil nahmen.39 Nach dem Schlusse des zweiten Schuljahres unterzog er sich dem Tentamen aus der höheren Mathematik gemeinschaftlich mit vier Anderen“.
Assistent in Wien 1829 – 1833

Von 1829 an wurde F. Redtenbacher zuerst auf zwei Jahre und nach Ablauf derselben abermals auf zwei weitere Jahre zum Assistenten der Maschinenlehre am k.k. polytechnischen Institut ernannt.
Dr. Haller schreibt über diese Jahre:
„Einer der gefeiertsten Männer jener Zeit, der Professor der Mechanik am Institute, Arzberger, wählte ihn zu seinem Assistenten und eröffnete ihm die Bahn, die zu so glänzendem Ziele geführt hat. Ferdinand gedachte stets seines Lehrers nicht bloß mit dankbarer Verehrung, sondern in hoher Anerkennung seines geistigen Strebens; ich erinnere mich, dass er wiederholt ihn als Erfinder des Dampfwagens bezeichnete….“
Die Assistentenzeit neigte sich zu Ende , aber für den talentvollen Mann , der sich der allgemeinen Anerkennung erfreute und zu großen Erwartungen berechtigte, gab es keine Zuflucht in Österreich, das nach den damals herrschenden ehrgeizigen Ansichten die Ernennung zum Professor in die Chablone einer genau vorgezeichneten Schulbildung knüpfte.
Die Assistenzzeit war mit Sommer 1833 zu Ende. Es folgte jedenfalls wieder einer der üblichen Aufenthalte in der Heimat und in den österreichischen Alpen, aber auch eine Zeit der Ungewissheit über die Zukunft.
Ein Angebot Ritter v. Gerstner´s zum Bau der Zarskoe – Zelo – Bahn nach Russland zu gehen, wäre vielleicht von F.J. Redtenbacher angenommen worden, hätte nicht Dr. Joseph Redtenbacher in der Allgemeinen Zeitung das Ausschreiben vom Erziehungsrath in Zürich wegen einer Lehrstelle entdeckt.
Die Züricher Lehrtätigkeit 1834 – 1840

Unter Datum 26. April 1834 erfolgte von dem Präsidenten des Erziehungsrathes von Zürich, Herrn Hirzel, die Ernennung zum Lehrer der Mathematik und des geometrischen Zeichnens an der oberen Industrieschule provisorisch auf ein Jahr mit einem Jahresgehalt von 1800 Franken. Ein Jahr darauf, 11. April 1835 wurde diese Lehrstelle in eine Professur verwandelt mit gleichem Gehalt und Zusage einer Erhöhung desselben nach 3 Jahren auf 1984 Franken.
Heirat und Kinder 1837
1836 verlobte sich Ferdinand Jakob Redtenbacher anlässlich einer Herbstferienreise mit seiner Cousine Marie Redtenbacher, 1837 fand die Verehelichung statt und aus dieser Ehe entsprangen 2 Kinder, Marie und Rudolf.
Reformgeist in Zürich
In der Züricher Zeit interessierte sich Prof. Redtenbacher sehr für die Reform der industriellen Lehranstalten. Sie gaben ihm viel zu denken und Bemerkungen aus seinen Notizbüchern 1840 – 1841 (Auszug) beziehen sich auf seine Auffassung von Zielen, Mitteln und Wegen, sowie Methoden des technischen Unterrichts:
„Meine Bestrebungen als Lehrer richten sich nicht allein auf die wissenschaftliche Theorie der Maschine, mir liegt die Cultur des industriellen Publikums im Allgemeinen am Herzen. In der Anwendung der Naturkräfte hat man in der That bereits eine grosse Virtuosität erlangt, aber an der humanen Entwicklung des industriellen Publikums fehlt es noch sehr. Wer ist daran schuld? Keinem Einzelnen, Allen zusammen muss sie aufgebürdet werden. Die Industrie wird jetzt nur als Zweck betrieben und nicht als Mittel. Wenn die Gebildeten den gegenwärtigen Zustand der Industriellen roh nennen, so haben sie recht, wenn aber jene glauben, es vertrage sich eine ächte Bildung gar nicht mit einer industriellen Thätigkeit, dann haben sie unrecht; leider ist das die vorherrschende Ansicht, welche im höchsten Grad nachtheilig und hemmend auf die industrielle Entwicklung Deutschlands gewirkt hat. Einem Stand, der nicht geachtet ist, werden sich nicht leicht Menschen von Talent und edler Gesinnung zuwenden.”
Am 3. September 1834 wurde Prof. Redtenbacher zum Ehrenmitglied der Zürcherischen naturforschenden Gesellschaft ernannt, am 13. April 1841 zum korrespondierenden Mitglied des niederösterreichischen Gewerbevereins.
Text nach: Wolfgang Hack: Ferdinand Jakob Redtenbacher. Manuskript Steyr 2009